Hallo Gwendollynne,
das wird ja ein richtig interessanter Thread hier
In einem anderen Forum hab ich sowas auch mal anregen wollen, aber da hat sich praktisch keiner beteiligt. Schade. Nunja, ich hoffe es nimmt hier keiner persönlich was ich schreibe, es ist nur meine Meinung im Moment, und sie muß nicht so bleiben. Ich kann Schubladen umsortieren.
> Ich bin absoluter Fan von "gesellschaftsunfähigen" und provokativen Bildern.
in die Richtung denke ich auch, nur würde ich gewisse Grenzen respektieren. Aktuell z.B. die Mohammed-Karikaturen, sowas finde ich nicht angebracht. Genausowenig, wie sich nackt und breitbeinig an einen Strand in einem moslemischen Land zu legen, wie es seit den 70ern oft vorgekommen ist. Man kann und darf nicht nur von seinem eigenen Empfinden ausgehen, sondern ein wenig Einfühlungsvermögen sollte schon vorhanden sein. Provokation ohne jede Rücksicht auf die Gefühle anderer ist arrogant und egozentrisch, denn man verfehlt das eigentliche Ziel dabei, die Menschen zum Nachdenken zu bringen. Das Gegenteil ist oft der Fall, weil Menschen eben gefühlsmanipuliert sind und dann sofort in eine Gegenwehr verfallen anstatt sich bewußt mit der Provokation auseinander zu setzen. Das kann nicht Zweck eines Bildes oder Films sein, destruktiv zu wirken, es sei den man macht das ganz bewußt, um Anarchie anstatt eine Verbesserung der gesellschaftlichen Zustände zu erzeugen. Und das kann ich, auch als alter Sponti, nicht wirklich gutheißen
> Aber wenn viele Menschen ein Problem haben, ist es WICHTIG, es zu zeigen.
stimmt. Aber die Kunst ist es, das so zu vermitteln, daß es die Menschen auch zum Nachdenken anregt und nicht nur zu irgendwelchen Vorurteilen bzw. zu Pauschalisierungen. Bilder und Texte wurden von den Medien in der Hinsicht schon oft mißbraucht, allen voran von der Bild-Zeitung und anderen Strassenblättern, aber auch "seriösere" Blätter aus der intellektuell-linksliberalen Ecke wie der Spiegel, und sogar einige (auch feministische) Frauenzeitschriften haben schon kräftig Vorurteile geschürt. Ganz zu schweigen von der Berichterstattung im Fernsehen. Ein Bild in Zusammenhang mit einer Aussage zu zeigen, ist praktisch immer Manipulation, und man sollte genau wissen, was man damit erreichen möchte, und auch die Verantwortung dafür tragen, wenn so ein Bild mißverstanden wird.
> Ich bekomme teilweise massive Kritik, das wäre ja geschmacklos, respektlos, man kann doch mit sowas nicht auf diese Weise umgehen.
Quatsch ist das.
Als Quatsch würde ich das nicht bezeichnen, eher als einen Hinweis darauf, daß diese Leute doch recht wenig wirkliche Lebenserfahrung haben, und nur von ihrer eigenen kleinen Welt ausgehen, oder ihre Ablehnung auf gesellschaftlich manipulierten, "politisch korrekten" Gefühlen basiert. Oder anders gesagt: Du kommst mit Deinen Bildern dann zu spät, die anderen waren schon lange vor Dir da
> Zu normalen Portraits von lachenden Menschen bekomme ich viele Kommentare, zu solchen Bildern sehr wenige. Viele Menschen wollen sowas einfach nicht sehen.
ich nehme an Du meinst echtes Lachen? Das ist doch schön. Aber ich kann diese ganzen lächelnden Photoshop-Schönheiten nicht mehr sehen... ein völlig verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Wenn auch diese Phantasiegestalten immer häufiger in der Realität auftauchen, sie werden deshalb trotzdem nicht menschlicher, sondern bleiben Masken.
Und daß die "häßlichen" Bilder keiner mehr sehen will, das ist auch eine Entwicklung, die wir der "Schöne-Bilder-Manipulation" und dem Verdrängungsbestreben der meisten Menschen zu verdanken haben. Aber das mit der Verdrehung von Tatsachen bzw. das unterbewußte oder bewußte Verdrängen ist ein ganz schwieriges Thema, es gibt dazu ein sehr gutes Buch: "Lebenslügen" von Daniel Golemann.
> Ich finde, Kunst liegt im Auge des Betrachters und mehr noch im Auge des Künstlers. Mit Kritik muss man leben und auc über sie hinwegsehen können.
Ja und Jein. In fast jeder Kritik steckt ein Hauch Wahrheit. In einer konstruktiven Kritik noch mehr. Es wäre nicht im Sinne der Aufklärung, die Reaktionen der Umwelt völlig zu missachten, das wäre wie gesagt recht selbstgezogen und vielleicht sogar narzistisch, zumindest eher unproduktiv im gesellschaftlichen Sinn. Leider gibt es eine Menge Künstler, auf die genau das zutrifft. Aber wie Du es ja indirekt schreibst, man darf sich auch nicht durch die Kritik fertigmachen lassen, sondern sollte seinen Weg bis zu Ende gehen.
BTW: Ich habe seit 12 Jahren beruflich viel mit echten Künstlern und Möchtegern-Künstlern aller Art zu tun (gehabt), deshalb erlaube ich mir zu dem Thema eine Meinung zu äußern.
fibbo