Beitrag
von Ahriman » Di Nov 01, 2005 11:14 am
Liebe Farfalla,
viel ist zu dem was Kao Tai sagt, nicht mehr hinzuzusetzen.
Als ich noch mit Rollfilm fotografierte, wo man nur 8 Aufnahmen bei 6x9cm oder 12 bei 6x6cm hatte, habe ich es mir zehnmal überlegt, ob ich auf den Auslöser drücke oder nicht. Die damaligen Ergebnisse waren sehr mäßig - nicht technisch, sondern was die Motive betraf.
Dann bekam ich die erste Kleinbildkamera in die Finger, ein Freund meines Bruders lieh mir seine Kodak Retina. Plötzlich waren da sage und schreibe 36 Aufnahmen auf einem Film möglich! Die Ergebnisse haben mich begeistert, was habe ich da von einer Reise per Anhalter durch Süddeutschland für schöne Bilder heimgebracht. Dann hatte ich mal eine Robot mit Federaufzug (sowas hatten damals die Polizisten in ihren Verkehrsüberwachungs-Autos, Traffipax genannt), die schaffte mit 24x24mm an die 50 Fotos pro Film, die lud ich dann mit Meterware (gibt's das noch?) Hin und wieder konnte ich sogar einen Schnappschuß an unsere Tageszeitung für 25 Mark verkaufen, eine Menge Geld für einen Jüngling damals.
Die Kodak, die ich jetzt habe, kann auf dem Stick über 900 Bilder speichern. Da komme ich schon von einem Nachmittagsspaziergang mit 50 Aufnahmen zurück, von denen dann vielleicht fünf ausgedruckt werden. Aber die sind dann (subjektiv von mir gesehen) einfach Spitze. Aber das ist doch die Art, die von Berufsfotografen schon lange angewendet wurde. Ich habe das mal neidvoll im Fernsehen erlebt, wie da einer mit einer motorisierten Kamera sssst-ssst-sssst-ssst-sssst-ssst-sssst -ssst loslegte und hinterher aus Bögen mit Kontaktabzügen einzelne Bilder auswählte.
Man merkt das heute noch, wenn man sich mal in die Seite eines Aktfotografen wie Petter Hegre einloggt: 60 Bilder von einem Model, und Bild 35 ist das gleiche wie Bild 34, nur mit gekreuzten Fingern...
Was die Arbeit mit Photoshop betrifft, so ist die Korrektur von Farbbalance und Kontrast noch eine Kleinigkeit. Tiefer gehende Arbeiten sind auch da gar nicht so einfach, und es gibt etliche Funktionen, die ich noch nicht begriffen habe.
Mein Bestreben liegt im "schönen" Bild. Landschaften, romantische alte Bauwerke, Skulpturen. Zur Zeit "schieße" ich möglichst unbemerkt Mitmenschen per Teleobjektiv. Hier in der Galerie findet man jede Menge ausgefallene, ja experimentelle Sachen, die mir gar nicht gefallen. Aber damit fällt man auf, das habe ich seinerzeit im Fotoclub schon gemerkt. An einem Landschaftsfoto kann man viel herumkritisieren. Aber bei einer modernen Architektur, schief und schräg fotografiert, da verstummen die Kritiker leicht, weil sie nicht wissen, ob der Fotograf diesen Reflex oder jenen Schatten gewollt hat.
Makrofotos von Blumen sind sehr beliebt, dabei ist gerade das die leichteste Art von Fotografie und fast allein davon abhängig, ob die Kamera es kann oder nicht. Mit der Leica M3 und dem Spiegelkasten davor bin ich vor Jahren mal in eine Kaktusblüte richtig hineingekrochen. Es war kinderleicht, aber im Fotoclub wurde das bestaunt. Die Blüte mit der Biene darauf, die ich vorgestern hier postete, das war einfach so frei Hand im Stadtpark passiert.
Hoch lebe die digitale Fotografie. Auf Dias kann ich leicht verzichten. Ich habe noch tausend im Schrank, die ich mir nie ansehe, weil es einfach zu umständlich ist, den Projektor aufzustellen und die Leinwand aufzuhängen. An die zweitausend alte Dias habe ich mal wütend in den Müll geschmissen, weil sie alle blitzeblau geworden sind. Auch die alten Farbbilder in den Fotoalben sind ein Ärgernis geworden. Digitale Fotos verändern sind nicht mehr, sogar die Ausdrucke aus dem Epson scheinen haltbarer zu sein: Ich habe ein 50x60 cm großes Foto seit drei Jahren hier an der Wand (aus zehn Bögen zusammengeklebt wie eine Bildtapete), die Farben sind immer noch bestens, obwohl da im Sommer täglich die Sonne draufknallt. CDs halten sich etwa 15 Jahre, so lange lebe ich nicht mehr, ich bin jetzt 71. Für jüngere Leute: Alle fünf Jahre die CD-Roms aufbacken: Wenn man zwei Laufwerke im Computer hat, dauert das "on the fly" pro Stück keine fünf Minuten. Wenn ich mal einen Besuch anöden will, geht das leicht, indem ich eine CD in den DVD-Player stecke. Die Leute sind an das mäßige Fernsehbild gewöhnt, denen gefällt das.