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von Ahriman » Mo Sep 18, 2006 11:31 am
Vom Verschenken kann kein Einzelhändler leben, nur der Konkursrichter und der Gerichtsvollzieher. Auch mit Menschenfreundlichkeit kann man gut Pleite gehen.
Es gibt einige Möglichkeiten für den Händler, preiswert zu sein:
Große Stückzahlen einkaufen: Wenn ein Einzelhändler zum Hersteller geht und sagt: "Ich nehme 100tausend Stück auf einmal, was machst du mir für einen Preis?" dann kriegt er einen günstigen Preis. Für den Hersteller macht es was aus, ob er je 5 Kameras an 20tausend Händler schicken muß oder die ganze Ladung an nur eine Adresse. (Großhändler gibt es ja praktisch keine mehr.) Das ist die Masche, von der die Großen leben, wie Media-Markt. Allerdings: Nicht unbedingt gibt der Händler diesen Preisvorteil an die Kunden weiter. Das kommt auf die Marktlage an. Er wird ein kleines bißchen billiger sein, aber unterm Strich einen schönen Reibbach machen.
Online-Händler gebrauchen gern einen anderen Dreh: Sie fragen: "Wieviele muß ich bestellen, damit du mir einen guten Preis machst?" und dann versuchen sie, möglichst viele Bestellungen zu sammeln, bevor sie den Auftrag erteilen. Der Kunde muß freilich warten können, aber wenn er erst mal unterschrieben hat ist er festgehängt.
Wenn ein Händler infolge des Konkurrenzdruckes seine Ware billig abgeben muß, um sie überhaupt loszuwerden, verdient er nicht viel. Also muß an anderen Stellen gespart werden. Am meisten spart man, wenn man Leute auf die Straße setzt, denn die kosten viel Geld. Dafür muß er dann einiges selber machen, und die evtl. verbliebenen Leute müssen für die anderen mitarbeiten. Entsprechend stehen sie alle unter Druck. Wenn dann so ein blöder Kunde kommt und hat was zu meckern, dann schmeißt man den raus, wenn man kann. Und er soll seine Kamera gefälligst selber zu Sony schicken, für sowas hat man keine Zeit.
Das gab es schon um 1980. Ich hatte einen Kunden gehabt, der nur eine Beratung wollte - es ging um Schmalfilmkameras. Ich habe geraume Zeit mit dem Mann gesprochen. Als er weg war sagte mein Chef zu mir: "Sowas können wir uns heute nicht mehr leisten. Wenn wieder mal so einer kommt, dann geben Sie dem ein Paar Prospekte und schicken ihn weg." Geschehen in Dortmunds (damals) größtem Fotogeschäft auf dem Westenhellweg. Ich habe dafür Verständnis. Es gibt viele Idioten, die sich im Fachgeschäft beraten lassen, dann bei billiger.de kaufen und glauben, sie seien besonders schlau. Und dann klagen Sie hier im Forum ihr Leid und rufen um Hilfe, weil es in ihrer Gegend keine kompetenten Fachhändler mehr gibt, die Zeit haben.
Mir hat damals als Heranwachsender ein Drogist, bei dem ich meine Rollfilme kaufte, viel beigebracht und mir geduldig einiges erklärt. Aber heute gibt es keine "Foto-Drogerie" mehr. Geht doch mal in den "Drogerie-Markt Müller" und fragt dort, was es mit der Tiefenschärfe auf sich hat!