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Natuerlich oder Naturidentisch?

Bildgestaltung, Locations und alle kreativen Aspekte der Fotografie

Moderator: ft-team

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Gast

Wolfgang der Realist.

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 7:17 am

Gut, das nenne ich noch Realismus, wenn man Bilder geraderueckt, wenns halt wieder einmal etwas "schief" wurde, Ueberbelichtet geht auch bei Automatik oder Digicam.. das kann man auch regulieren.
Verfaelschungen sind nur Sachen, die sich vom realen Eindruck vor Ort abheben, so dass es auffaellt.
Bei Bildern in Farbe die sozusagen "entfaerbt" worden sind oder in "Grauzonen umgewandelt" habe ich schon meine Probleme, weil man doch sieht: Das ist Pseudo oder Prolografie statt Fotografie.

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WolfgangS
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Re: Wolfgang der Realist.

Beitrag von WolfgangS » Sa Jun 14, 2008 7:38 am

plaetzchenwolf hat geschrieben:Bei Bildern in Farbe die sozusagen "entfaerbt" worden sind oder in "Grauzonen umgewandelt" habe ich schon meine Probleme, weil man doch sieht: Das ist Pseudo oder Prolografie statt Fotografie.
Bei Aufnahmen mit eim SW-Analog-Film wird die Natur doch auch "entfärrbt" und in Grauzonen umgewandelt.
Aber das ist natürlich nach Deiner Definition schon nicht mehr "Natur" aber auf jeden Fall künstlerisch anspruchsvoller

Gast

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 9:14 am

Ich denke er meint Color-Key, was - ja einerseits als Eye Catcher (schönes neudeutsch ;-) ) dienen kann aber auch unterstützend oder Elementar für die gewollte Bildaussage sein kann.

Als Beispiel: Will man in einem Bild (Total versaute Industriebrache mit Ölverschmierter trostloser Erde) mit einer Pionierpflanze den "Die Natur überlebt fast alles und es gibt noch Hoffnung" Eindruck rüberbringen, so kann man das Bild abdunkeln und in SW wandeln (Wirkt dann düster, Traurig, trostlos) und die Pflanze als "leuchtendes" etwas (Locker, froh, Hoffnungsvoll) schön bunt lassen ( und die kleine Pflanze dadurch in den Mittelpunkt ziehen).

Nur damit das dann auch wirkt sollte man sich vorher schon bzgl. Bildkomposition entsprechende Gedanken machen.

Dirk,

auch sowas wie ein Ing. (eigentlich Inform. aber beruflich als Ing. geführt) und einem Ingeniör ist nichts zu schwör

Gast

nee

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 9:27 am

Nee, Wolfgang, bei einem SW - Film wurde nicht entfaerbt, obwohl die Linsen natuerlich Farbe durch den Verschluß jagen- vielmehr sind die lichtspeichernden Partikel nur in der Lage schwarz-weiß zu "verstehen"!
Das ist was vollkommen anderes:
Um Grauzonen umsetzen zu koennen, damit manche Farben nicht verwechselt werden oder untergehen, hat man spezielle Filter vor die Optik gesetzt- es handelte sich bei der angeblich so "natuerlichen" Fotografie dieser Zeit eher um einen Notbehelf, da die Natur FARBIG ist und nicht monochrom.

Nachtraeglich "entfaerbte" Bilder haben weniger Information, da geht viel verloren!

"Kuenstlerisch" ist wohl immer kuenstlich, nur subjektiv empfunden und weniger objektiv oder allgemeingueltig oder von "allgemeinem Interesse"- seeeeeeehhhhhhr dehnbar, wie z.B. der Humor.
Aus diesem Grund habe ich mich entschieden (nach wenigen Filmen mit dem Kodak Prof. 400) wieder auf Farbe zu gehen, weil der Natuerlichkeit dadurch mehr Gewicht gegeben wird, auch wenn das "Hautgout" oftmals eher als stoerend empfunden wird, was in SW sachlicher scheint:
Farben lenken auch ein wenig von der Struktur der Dinge ab.
Es ist wohl die "Kunst" des Betrachters zu differenzieren, ob eine "Freistellung" des Motivs soweit gehen kann, dann man sogar auf die (natuerlichen) Farben verzichten moechte, ob man es dem Fotografen abnimmt, dass er es wirklich so gemeint hat oder ob er nur kuenstelte...

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fibbo
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Beitrag von fibbo » Sa Jun 14, 2008 1:18 pm

WolfgangS hat geschrieben:... ich bin schließlich Ingenieur und kein Künstler ;)
hehe, ja so ähnlich sehe ich das auch, wobei ich noch ne Stufe drunter bin, nämlich Techniker und Call-Boy für Musiker, Sänger, Komponisten, Tonstudios und "richtige" Künstler. Durch diesen langjährigen Kontakt zur "Kunst" bilde ich mir auch ein, etwas differenzieren zu können: Man kann meiner Meinung nach nicht die Kunst von der Person trennen, sie ist eine Berufung für normalerweise eher egozentrische bzw. sehr eigenwillige Charaktere. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder "Kunstwerke", die für sich alleine sehr deutlich sprechen und wo man die Hintergründe nicht kennen muss, das sind aber eher Ausnahmen. Denn normalerweise liegt die Wirkung eines Kunstwerks im Auge des Betrachters, und damit hab ich manchmal ein Problem wenn ich sehe dass die wirkliche Intention des Erschaffers dahinter gar nicht berücksichtigt wird.
Will sagen: Es gibt viele Wahrheiten... Ein liebevoll gemachtes und bearbeitetes Produktfoto mit etwas kritischer Distanz oder gar etwas Ironie kann genauso Kunst sein, wie ein ebenso kritischer Schnappschuss aus dem alltäglichen Leben ohne grosse Bearbeitung... Dagegen sind für mich sämtliche Arten von zweckgebundenen Fotos, wo vordergründige (negative und positive) Klischees bedient werden, keine Kunst. Denn die haben meist einen eher narzistischen, verschleiernden, anbiedernden, "verschönenden", aber auch negativ manipulativen, oder einfach nur versteckt kommerziellen Hintergrund. Als Beispiel möchte ich da die frühe Riefenstahl anführen weil sie mir grade einfällt... Im Grunde eine der genialsten Fotografinnen aller Zeiten, die aber ihre Arbeit eiskalt ihrem persönlichen Ehrgeiz unterordnete... Und gar nicht merkte was sie damit anrichtete. Erst später, nachdem sie in Ungnade fiel, fing sie in Afrika an, wirkliche Kunst zu machen, indem sie sich intensiv und von der Welt unbeachtet mit den Nuba, und später im Alter von über 70 Jahren noch mit dem Tauchen (und der Unterwasserfotografie) beschäftigte.
Eines kann in meinen Augen Kunst jedenfalls nicht sein: Reproduzierende Arbeit selbst mit eigenen "kreativen" Komponenten, die voller kommerzieller und/oder konkurrierender Motivation ist! Für mich gibt es nichts Schlimmeres als "anbiedernde Kunst".

fibbo

Gast

genau

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 2:20 pm

Eines kann in meinen Augen Kunst jedenfalls nicht sein: Reproduzierende Arbeit selbst mit eigenen "kreativen" Komponenten, die voller kommerzieller und/oder konkurrierender Motivation ist! Für mich gibt es nichts Schlimmeres als "anbiedernde Kunst".
So sehe ich das auch- jede Art Mainstream und deren Teilhabe daran ist schon "anbiedernde Kunst", selbst wenn man aus voller Ueberzeugung dabei mitmacht.
Wer seine eigene "Art" zeigt, ist natuerlich immer in Gefahr von Plueschnasen obiger Art, die mitmachen, weils gerade "angesagt" ist, platt wie denkbar- kritisiert zu werden.
Wie unterscheidet man also Mainstreamer, die cremig wie Fluessigseife sich anpassend fluchten und denen, die etwas aus wirklicher Ueberzeugung tun? Durch nicht beantworten von Kritiken?
Ich weiß es nicht.
Fuer andere reden oder schreiben kann und will ich nicht, das waere auch anmaßend- einfach nur Bilder machen, die mir ganz persoenlich liegen..
selbst wenn`s "Kritiken" hagelt.
Bis dahin helfe ich gerne mal Neulingen und solche, die nicht jeden Tag das Rad selbst erfinden wollen durch meine eigenen Fehler, die muehsam ausgemerzt werden mussten.
Zum FT: Ich bin mir ueberhaupt nicht sicher, ob Bildkritiken ueberhaupt gewuenscht sind, selbst wenn heftige technische Fehler zu sehen sind.

Pardon, zum Tread:
Was ist also noch "hinnehmbar" als "natuerlich" in einem kuenstlichen Medium, was sollte an Bildern sich in der EBV-Ecke wiederfinden, was darf noch als Foto, was als Bild angesehen werden?

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Cano
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Re: genau

Beitrag von Cano » Sa Jun 14, 2008 2:40 pm

plaetzchenwolf hat geschrieben: Zum FT: Ich bin mir ueberhaupt nicht sicher, ob Bildkritiken ueberhaupt gewuenscht sind, selbst wenn heftige technische Fehler zu sehen sind.
Ich unterstelle, daß jeder eine Bildkritik wünscht - es denn denn, er weist in der 'Bildbeschreibung' ausdrücklich darauf hin, daß er keine wünscht. Für ein Portal, in dem sich die Kommentare darin erschöpfen, sich wechselseitig Zucker in den Arsch zu blasen, bin ich nicht zu haben.

JoeCool
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Beitrag von JoeCool » Sa Jun 14, 2008 3:52 pm

Hallo plaetzchenwolf,
du hast ja den Thread gestartet. Ich bin noch nicht so lange hier in diesem Forum, aber in ca. jedem zweiten Text von dir begegnet mir das Wort Natürlichkeit oder Wirklichkeit, "wie das Auge sie sieht". Ich will einfach mal andeuten, dass ich da meine Probleme mit habe. Fotografie bezieht sich sicherlich normalerweise auf etwas real vorhandenes. Aber ein Foto ist immer eine Verfremdung. Die Wirklichkeit steht zB niemals still. Das was du abbilden kannst, sind nur ein paar optische Aspekte der Wirklichkeit. Dein Verständnis von Wirklichkeit wirkt auf mich etwas unreflektiert. Aber vielleicht kann man ja noch ein bisschen drüber philosophieren.

es grüßt
Gerd

Gast

Gern.

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 4:15 pm

Das koennen wir gerne tun!
Ohne eine gewisse "Philosophie" ist alles nur wie die Politik z.Zt. -ohne Ziel.
Fuer mich und nur aus dieser Warte kann ich argumentieren,
ist Natuerlichkeit natuerlich nur das, was meine eigenen Augen vor Ort sehen.
Sowie Empfindungen, wie Gerueche, Temperatur oder der Wind, Schwingungen oder was auch immer ins Bild portiert werden soll, wird`s
kuenstlich oder kuenstlerisch.
Sicher kann man eine Frau auch ungeschminkt fotografieren (sofern es ein Schnappschuß ist)- das schaut natuerlich so aus wie sie wirklich ist:
Natuerlich.
(Mit ein klein wenig Hoeflichkeit nimmt man ihre "Schokoladenseite", statt die angeblich "weniger schoene Seite", wer noch hoeflicher ist, retuschiert am PC ein wenig, wer ganz freundlich ist, legt wilde Nebel drueber..)
Ich moechte, um mal bei diesem Beispiel zu bleiben-
zwar ein Bild machen, dabei darf die Dame gerne etwas feineres angezogen haben um besser zu wirken.
Auf die Architekturfotografie bezogen wuerde das heißen:
Ich setze den Winkel so, dass eine fuehrende Senkrechte entsteht, die gerne den Muelleimer oder das stoerende Verkehrsschild knapp entfernt.
Wenn nun ein moeglichst oder weitgehend verzeichnungsfreies Objektiv mit ca 50mm aufgeschraubt ist, dann werden die anderen Senkrechten ebenfalls gerade.
"Manipulieren" kann ich mit der Belichtung und mit der Tiefenschaerfe.
Mehr wird bei mir nicht gemacht.
(Das macht mein Auge allerdings auch!)
Nochmal:
Ein Bild wie es vor Ort zu sehen ist, ohne weitere Absichten hineinzulegen,
praktisch dokumentarisch.
Poesie ist nicht mein Ding, von Fersmaß verstehe ich nichts, Sagenwelten sind mir ein Greuel, dichterische Freiheiten sind mir suspekt- wenn sie Worte so verhackstuecken, dass nur noch mit besonderem Einfuehlungsvermoegen verstanden wird, was der Sinn ist- geschweige denn was er meinte...
War das genug "Philosophie"?
So gesehen ist meine nur die Wirklichkeit.

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Nasus
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Beitrag von Nasus » Sa Jun 14, 2008 4:43 pm

Hi Plätzchenwolf

Unser "Sehen" ist ja auch nur eine höchst subjektive Wahrnehmung - selbst wenn man bei dieser Emfindung jede andere Empfindung ignoriert (oder dies zumindest versucht).
Wir wissen daher nicht wie etwas ist, sondern empfinden nur, wie es auf uns wirkt.
"Natürlich" im Sinne von unserem Sehempfinden entsprechend ist meilenweit von dem weg, was als "naturbelassenes Foto" bezeichnet wird.
Und genau da kommt diese "verhasste" Tonemapperei ins Spiel: Eigentlich zielen diese Verfahren darauf ab, ein Bild zu errechnen, das dem menschlichen Sehempfinden entspricht - nur werden diese Möglichkeiten seltenst so angewendet, im Gegenteil, sie dienen zur Verfremdung.

Am Rande wäre es aber mal sehr interessant, sich näher mit dem menschlichen Sehen zu beschäftigen...

Grüße
Nasus

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fibbo
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Beitrag von fibbo » Sa Jun 14, 2008 5:36 pm

JoeCool hat geschrieben:...Aber ein Foto ist immer eine Verfremdung

...wobei man der Unehrlichkeit ja nicht unbedingt Vorschub leisten muss indem man die Wirklichkeit bewusst stark verfremdet und verschlimmbessert und als Wahrheit verkauft... ich denke mal darum geht es doch in diesem Thread.
Und es gibt ja schon genügend Indizien dafür, dass der "Schönheitswahn" mit all seinen negativen Konsequenzen für die Menschen und die ganze westliche und teilweise auch östliche Gesellschaft über die Medien - also auch über manipulierte Fotos - ausgelöst wurde... was z.B. seit etlichen Jahren immer mehr fehlt ist kritische und dokumentarische Fotografie im Amateurbereich. Stattdessen Selbstbeweihräucherung durch aufgestylte Fotos im Sinne der vielen Hochglanzmagazine und gegenseitiges Übertrumpfen durch immer geilere Photoshop-Verpackungen. Der Inhalt an sich wird doch immer unwichtiger. Es wird auch immer schwieriger, sich nicht von der Verpackung beeinflussen zu lassen, genauso wie es immer schwieriger wird, dem Technik- und Konsumwahn zu trotzen der einem ständig unter die Nase gerieben wird! Hier kann nur knallharte Selbstdisziplin helfen, aber die will erst mal gelernt sein. Ich persönlich bin da eher dem Spruch gefolgt der besagt, das man einer Versuchung nur widerstehen kann indem man ihr nachgibt, aber heute spüre ich immer mehr dass das einen nicht wirklich weiterbringt. Auf die Fotografie bezogen meine ich dass es wohl einige Fotografen gibt, die trotz guter Technik bei der Aufnahme, aber auch bei der Entwicklung im Computer, erstklassige Fotos/Bilder machen, dass das aber eher Wenige sind in Relation zur heutigen Bilderflut. Im Grunde stimmt die alte banale "Binsenweisheit" immer wieder: Nicht die Kamera macht das Foto, auch nicht die Linse, sondern der Fotograf, bzw. das Motiv, Licht, die Perspektive und den Moment das/die/den er sich aussucht.

fibbo

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Beitrag von JoeCool » Sa Jun 14, 2008 6:07 pm

Absolut einverstanden, fibbo. Mir ging es darum, eine bestimmte, aus meiner Sicht naive Auffassung in Frage zu stellen, die meint, was man mit einer bestimmten Foto-Technik produziere, sei die wirkliche Wirklichkeit. Fotos bilden nicht die Wirklichkeit ab, sondern sie erzeugen wiederum eine. Auch mit dokumentarischen Fotos kann man lügen, je nachdem, in welchem Kontext man sie einsetzt. Gute Bilder rufen Emotionen hervor, sie transportieren sie nicht 1:1. Die Emotionen und Assoziationen sind Teil des Betrachters und seines Kontextes, nicht des Bildes. In den EXIFs stehen sie nicht. Ein gutes Bild spricht eben viele Betrachter an und sagt ihnen was.

just my 2 cts.

Gerd

Gast

soso

Beitrag von Gast » Sa Jun 14, 2008 6:34 pm

Nun, eine Spiegelreflexkamera ist eigentlich ein ideales Ding um zu lernen,
wenn sie manuell genug funktioniert:
Wer die Filmklappe oeffnet und -ohne Objektiv- damit spielt, die Zeiten veraendert, ausloest etc. wird sich viel leichter und viel fundamentaler in die Technik der Fotografie einfinden koennen!

Exkurs Anfang
Die Kamera ist nur ein dunkler Kasten, der den Film transportiert.
Das moeglichst plan, sonst wirds unscharf.
Die Zeiten bestimmen ueber den Belichtungsumfang- jede Erhoehung um eine Zahl bedeutet die halbe Lichtmenge.
Beim Ausloesen klappt der Spiegel hoch, der Verschluss gibt fuer einen Bruchteil einer Sekunde (z.B. 1/125s) Licht in den Schacht, auf den dahinterliegenden Film.
Basta.
Durch den Sucher sieht man genau das was die spaetere Linse sieht- mehr nicht und weniger auch nicht.
Fokusieren ist keine Kunst, wenn Messkeil oder Schnittbildentfernungsmesser vorhanden sind, wie bei der Praktica.
Nun nur per Blendentaste ermitteln wie das Bild im Sucher mit der vorgewaehlten Blende kommt- ggf. etwas mit dem Zeitenrad steuern - hoch oder runter und ab gehts.
(Grundsaetzlichkeiten)
Alles weitere an Spielereien mit der Blenden/Tiefenschaerfewirkung etc. kommt spaeter.
Exkurs Ende.

Somit waere die analoge Spiegelreflex der ideale Naehrboden fuer eine naturgetreue Fotografie. An Ort und Stelle machte man das Bild, an Ort und Stelle kann man zurueckkehren um anhand des Bildes zu sehen ob es tatsaechlich dem Vorbild entspricht....
Ggf. auf "Fehleranalyse" gehen, wenn Verfaelschungen vorliegen.

Ich mache das so, wenn die Erinnerung mahnt, dass mit dem entwickelten Bild etwas nicht so ist wie es haette sein muessen.

Bisher bin ich gut gefahren mit dieser Methode und so darf gesagt werden, dass die Normalobjektive Pentacon 1,8/50 einwandfrei und die besten sind, die man fuer normales Geld kaufen kann.
(6 Linser von Carl Zeiss Jena)

Nachtrag:
Der Quellefilm ist fast identisch mit Agfa, von der Plastizitaet und Bildwirkung, Farben, Waerme etc.

(Das ist auch wichtig!)

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Nasus
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Beitrag von Nasus » Sa Jun 14, 2008 6:48 pm

Dieses "Naturgetreu" könnte in eine sinnlose Grundsatzdiskussion ausarten; ich werf trotzdem mal einen Begriff ein: Bienenperspektive.
Würde eine Biene eine Blume auf einem "Naturgetreuen" Foto erkennen? (ok, dummes Beispiel, dazu gibts tatsächlich Studien).

Grüße
Nasus

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Beitrag von Schwarzvogel » Sa Jun 14, 2008 7:20 pm

Es gibt keine Wirklichkeit, es gibt unzählige Wirklichkeiten. Wenn man sich ein wenig mit Wissenschaftstheorie beschäftigt ist dies einer der zentralen Aspekte, über den man sogleich stolpert. Verschiedene Beobachter haben nicht die gleiche Wahrnehmung, ein geschulter Beobachter sieht Dinge anders als ein Novize: ihr Hintergrundwissen und körperliche Differenzen sowieso sorgen zuverlässig dafür. Wenn nun Wissen die Wahrnehmung beeinflusst und sich das Wissen, was es täglich beobachtbar macht, ständig erweitert, dann ändert sich auch der Blick auf die Bilder und Wahrheiten der Wirklichkeit sind nichts weiter als ein Gegenstand der Rezeptionsinterpretation und damit individuell, die angestrebte Universalität geht flöten. Fotografie bedeutet Selektion, genau wie in der Literatur, wo Tzvetan Todorov und Gerard Genette zwischen "histoire" und "discours" differenzierten. Das eine ist die Gesamtheit des Stoffs, nicht vermittelbar und allumfänglich, die vom Autor geschaffene Erzählung greift selektiv darauf zurück und erschafft damit den discours, der sich festlegt in seinen Bedingungen, in der Erzählzeit und bei den Erzählaspekten. Nichts anderes macht der Fotograf, ein Versuch die histoire abzubilden ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Ein Bild teilt zudem seine Authentizität nicht immer bedingungslos mit, eine geschickt gemachte Retusche kann paradoxerweise wirklicher wirken als die Wirklichkeit. Wenn diese Unterscheidbarkeit nicht gegeben ist, so würde ich argumentieren, dass auf der Seite der Gestaltung des Bildes der Fokus auf die beabsichtigte Wirkung gelegt werden sollte, nicht auf penible Restaurationsbemühungen, da diese keinerlei Mehrwert für das Bild bringen, sondern nur eine diffuse Idee des Fotografen sind. Die Dokumentation gehört selbstredend auch mit zu großen Familie der Fotografie, hat aber wenig mit kritisierbarer künstlerischer Gestaltung zu schaffen, um die sich hier so gut wie alles dreht. Dokumentation versucht näher an die eben eingeführte histoire zu gelangen und schmälert damit die Eigenleistung des Schaffenden, Fotografie mit Ambition möchte das Gegenteil.

Das auf Heraklit zurückgehende "Panta rhei" umschreibt es recht gut, alles fließt, Momentaufnahmen sind immer künstlich und willkürlich gewählte Inseln im sich verändernden Fluss der Zeit. Es gab im antiken Griechenland deshalb sogar einen Philosophen, der sich standhaft weigerte verbal zu kommunizieren und nur noch seine Hände dafür benutzte, weil die Bedeutung der Worte von einem zu schnellen Wandel betroffen seien, als dass sie vernünftig zur präzisen Verständigung einsetzbar wären. Sicherlich ein Extrem, welches aber zeigt worauf ich abziele.

Wenn man nun die absolute Natürlichkeit als zu erreichendes Ziel fordert, ist das ein Anachronismus. Genau diese Einstellung wohnte der Fotografie in ihren Geburtsstunden inne, als man sie lediglich als Ersatz für die aufwändigere Nachbildung einer Szenerie via Malerei wahrnahm und nur in diesem Kontext einsetzte. Die malende Kunst emanzipierte sich alsbald von der fotorealistischen Perfektion und forderte ein Hinausgehen über das bloße Abbild der Natur und dies führte in den Impressionismus und den Expressionismus, welchem wir sicherlich eindrucksvollere, wirksamere, mächtigere Bilder zu verdanken haben als der realistischen Darstellung. Die Fotografie folgte und sah bald das Erstreben des bloßen Abbildes als weites Zurückbleiben hinter den eigenen Möglichkeiten an.

Ich verstehe durchaus, was Plaetzchenwolf mit seiner Natürlichkeit vorschwebt, erkenne darin aber keine Sinnhaftigkeit. Was zählt ist das Ergebnis und hier sind seine Bilder, das ist jetzt nur meine persönliche Meinung, reichlich unspektakulär mit einem innewohnenden Hang zur Langeweile. Bilder müssen meiner Meinung nach immer noch einen Moment der Überraschung haben und den gewinnt man meistens nur, indem man sie inszeniert und auch manipuliert.
Der von ihm vertretene theoretische Anspruch mag im Ansatz dort Sinn machen, wo einzigartige Phänomene, die dem normalen Menschen nicht zugänglich sind, mit dokumentarischem Anspruch fixiert werden sollen. Einmalige Landschaften in China vielleicht, das Polarlicht, versunkene Städte im südamerikanischen Dschungel. Hier macht es im überschaubaren Rahmen Sinn, im Kontext einer Reportage für ein Magazin, man denke vielleicht an die GEO, die Mittelformatkamera auf das Stativ zu schrauben und dem Kunden "Wirklichkeit", soweit eben möglich, zu bieten, weitergehende Montagen sind, da werden wir uns einig, tabu.
Dennoch: Der Betrachter der Bilder bekommt nur einen sehr ausgewählten Einblick. Jeder, der sich Stätten im Vorfeld auf einem Foto angeschaut und später tatsächlich besucht hat, wird von der Diskrepanz zwischen der durch das Foto geschaffenen Vorstellung des Ortes und der erlebten Wirklichkeit zu berichten wissen. Die "Wirklichkeit" des Fotos ist als Wirklichkeit ergo nichts wert.

Panta rhei; das Rad der technischen Entwicklung dreht sich weiter und das Resultat davon sind bessere Kameras, die immer leichter zu bedienen sind. Digitale Kameras sind ihren analogen Vorfahren inzwischen in so ziemlich jeder Disziplin überlegen. Das Kernproblem der vielen schlechten Fotos, die in einem stetig anschwellenden Fluss in das Internet strömen ist diese Evolution dennoch nicht, die Menschen machen nicht schlechtere Fotos als vorher, sie machen nur mehr davon. Angefangen hat es zum Ende des 19. Jahrhunderts mit der Kodak Nr. 1, die Fotografie für die Massen ermöglichte, mit der Digitaltechnik und dem Internet verschwinden nun die ganzen uninspirierten Aufnahmen nicht mehr in langsam verstaubenden Bilderalben oder werden bei Diaabenden den Verwandten und Nachbarn vorgeführt, die sich in den gereichten Alkohol flüchten. Nein, sie landen im Internet, der ultimativen Projektionsfläche. Da aber zunehmend die Nachdenklichkeit einer Reaktionskompetenz gewichen ist, die ohne weitergehende Gehirntätigkeit reflexartig den Auslöser der Kamera betätigt, wenn sich gewisse Schlüsselreize einstellen (Hund, Katze, Blume, Sonnenuntergang, ...) ist die Qualität des Ergebnisses absehbar. Die meisten machen sich schlicht und ergreifend keine Gedanken über ihr Schaffen, das spiegelt sich auf fototalk eindrucksvoll in der Beliebigkeit der eingestellten Bilder und der absoluten Unfähigkeit vieler Teilnehmer wieder, ein gutes von einem schlechten Foto zu unterscheiden, noch sind sie in der Lage, eine halbwegs profunde Kritik zu formulieren, die über inhaltsloses Geblubber über Schärfe und Belichtung hinausgeht. Ich verstehe daher auch ein Unbehagen, das so mancher vor der Automatik von Kameras hat, aber das eigentliche Problem ist hinter der Kamera. Es geht darum, in der Fotografie das Äquivalent von Literarizität zu schaffen und das geht eben nicht ohne Reflektion und genau an der mangelt es sehr häufig, ein etwaig gesamtgesellschaftliches Problem, keines der Technik.
Zuletzt geändert von Schwarzvogel am So Jun 15, 2008 12:06 am, insgesamt 1-mal geändert.

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